Herausforderungen

Für den Umbau der Stromversorgung fehlt jedoch ein überzeugendes Gesamtkonzept. Dabei gibt es offene Fragen bzgl. der wirtschaftlichen Folgen, der Verteilung der Kosten sowie des stabilen, technischen Betriebs. Die Regelungsmechanismen des Systems werden immer komplexer, da sie Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Technologien, Infrastrukturen (Strom, Wärme, Gas...) und Märkten (EEX, Regelenergiemarkt...) abbilden müssen. Instabile Zustände und kritische Prozesse sind in diesen komplexen Systemen nur schwer prognostizierbar und treten immer häufiger auf. Die Systemstabilität ist dadurch zunehmend gefährd

  • Bei Rundsteuerung ist die Regelung nicht in der Lage, lokale Ereignisse zu erfassen und darauf entsprechend zu reagieren.
  • Bei Direktverbindung zu jedem Akteur kann die Regelung theoretisch alles wissen und auch entsprechend handeln. Die große Anzahl der Akteure bringt aber Probleme mit Reaktionsgeschwindigkeit, Priorisierung und daraus resultierenden Kosten für Kommunikation und Hardware mit sich.
  • Diese Probleme sind nur mit einem hohen IT- und Kommunikationsaufwand beherrschbar. Für sicherheitskritische Anwendungen, z. B. für die Bereitstellung von Sekundärregelenergie, müssen Systeme in der Regel zusätzlich redundant aufgebaut werden.

Die bisher entwickelten und propagierten Lösungsansätze lösen die Probleme nicht oder sind mit extrem hohen Kosten verbunden. Aktuell versucht man den Problemen vor allem durch Netzausbau, die Entwicklung neuer Speichertechnologien und die Nutzung der Flexibilität von Verbrauchern durch zentral gesteuertes „intelligentes Lastmanagement“ zu begegnen. Dabei wird versucht unter Einsatz von Smart-Meter-Systemen die Verbraucher in eine zentrale Steuerung einzubinden und aus zentralen Leitwarten in die Stromnutzung der Haushalte und Betriebe einzugreifen, um einzelne elektrische Verbraucher direkt anzusteuern. Der bisherigen Netz- und Erzeugungsstruktur folgend, dehnen diese Konzepte die etablierten zentralen Regelungsansätze mit definierten Systemhierarchien, entwickelt für die Steuerung von Kraftwerken, analog auf die dezentralen sowie klein- und kleinstvolumigen Verbräuche von Industrie, Gewerbe und Haushaltskunden aus. Die Regelungs- bzw. Optimierungskriterien sowie einzelnen Steuersignale werden jeweils von zentraler Stelle vorgegeben. Folgt man dieser Logik, so gibt es für die benötigte Kommunikation technisch entweder die Möglichkeit, die Regelung auf Rundsteuersysteme (unscharfe Regelung) aufzubauen oder im anderen Extrem jeden Akteur mit einer Direktverbindung anzusteuern (kommunikationslastige Regelung mit Laufzeitproblemen). Beide Ansätze weisen Nachteile auf:

Dieser Ansatz ist daher extrem teuer, bringt gravierende Datenschutz- und Akzeptanzprobleme mit sich und verbraucht sehr viel Energie bereits für das Steuerungssystem von Millionen von direkt zu steuernden Aggregaten. Darüber hinaus ist unklar, ob dieser Regelansatz überhaupt soweit skalierungsfähig ist. Das Problem kann man einfach mit einem Bild verdeutlichen: Würde es Sinn ergeben, sämtlichen Autofahrern, die auf der Straße unterwegs sind, aus einer zentralen Leitwarte zu sagen, wann sie wie viel Gas geben oder bremsen sollen, um energieeffizient und sicher an ihr Ziel zu kommen?

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